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Der europäische Ansatz zur Regulierung von KI – oder der Versuch, einen Pollock in einen Klein zu verwandeln

Vor einigen Wochen veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für ein Gesetz über künstliche Intelligenz (AIA) – den ersten Rechtsrahmen für KI, der die Risiken von KI anspricht und Europa in die Lage versetzt, weltweit eine führende Rolle einzunehmen. Zu Beginn der HeiCAD Lecture im Juni veranschaulichte Jun.-Prof. Dr. Johann Justus Vasel den bisherigen Prozess der KI-Regulierung anhand von drei Kunstwerken: Jackson Pollocks "Nummer 32, 1950" als Symbol für die anfangs eher chaotische KI-Regulierungs-Landschaft mit vielen Lücken und Leerräumen, Piet Mondrians "Composition No. II, with Red and Blue" als Reise hin zu klaren, transparenten, strukturierten, aber auch starren und unbeweglichen Regularien mit den Farben Rot und Blau als Symbole für die Verhältnisse zwischen China, Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika, und schließlich Yves Kleins "La Terre Bleue" als Veranschaulichung der europäischen Vision einer weltweiten Regulierung nach dem AIA.

Im Anschluss stellte Jun.-Prof. Dr. Johann Justus Vasel Kontext und Hintergrundinformationen zur Geschichte der KI-Regulierung in Europa, regulatorischen Herausforderungen, Fallstricken und Hoffnungen bereit, bevor er die vier wichtigsten politischen Ziele des AIA herausarbeitete: Rahmenbedingungen schaffen, die EU zum richtigen Ort machen, dafür sorgen, dass KI-Technologien für Menschen funktionieren, und eine strategische Führung in den Sektoren aufbauen. Er betonte, dass es sich bei dem AIA um eine Verordnung und nicht um eine Richtlinie handelt, was bedeutet, dass es ein verbindlicher Rechtsakt ist und in der gesamten EU in vollem Umfang angewendet werden muss. Außerdem gilt es meistens sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich.

Ein weiteres sehr markantes Merkmal des AIA, das interessanterweise auf die verbreiteten Ängste gegenüber KI-Technologien, die in den letzten Jahren aufgekommenen sind, zu reagieren scheint, ist der risikobasierte Ansatz. Abhängig davon, ob KI-Anwendungen als minimales Risiko, begrenztes Risiko, hohes Risiko oder inakzeptables Risiko eingestuft werden, werden sie unterschiedlich behandelt (Selbstregulierung und Verhaltenskodexe, Transparenzvorgaben, Regulierung bzw. Verbot).

Kritiker*innen des AIA könnten argumentieren, dass es stellenweise zu vage und mehrdeutig oder recht umständlich zu handhaben ist. Zudem steht es über den Vorschriften der Mitgliedstaaten.

Es bleibt also die Frage - wird Europa mit Hilfe des AIA in der Lage sein, einen Pollock in einen Klein zu verwandeln - und schlägt der Brüssel-Effekt wieder zu und das AIA wird Weltstandard, ähnlich wie bei "La Terre Bleue"? Nur die Zukunft kann es zeigen.

Jackson Pollocks “Nummer 32, 1950” ist zur Zeit im K20 in Düsseldorf zu sehen: www.kunstsammlung.de/de/collection/artists/jackson-pollock/.

Autor/in: Dr. Joana Grah
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